Vom Druck befreien!

Inkontinenz betrifft hierzulande 10 Millionen Menschen. Bis zu 25 % der Frauen in Deutschland sind inkontinent. Information und Beratung, wie die Blasenfunktion verbessert werden kann, bietet die urogynäkologische Sprechstunde.

Frau K. quälte sich schon längere Zeit mit einem dauernden Harndrang. Die 65-Jährige musste tagsüber bis zu zehnmal eine Toilette aufsuchen. Oft kamen nur geringe Harnmengen und nicht selten tröpfelte es schon, bevor sie die Toilette erreicht hatte. Das war ihr überaus peinlich. Auch nachts musste sie immer häufiger aufstehen, um Wasser zu lassen. Der stetige Harndrang begann ihr Leben zu bestimmen. Um unangenehmen Situationen vorzubeugen, schränkte sie von nun an ihre Trinkmenge ein, bevor sie das Haus verließ. Bei abendlichen Einladungen rührte sie das eingeschenkte Glas kaum mehr an, um die Kontrolle über ihre schwache Blase nicht zu verlieren. Wenn sie in der Stadt unterwegs war, hielt sie sich exakt an die vorab geplante Route, auf der sie jeden Toiletten-Standort vorab in Erfahrung gebracht hatte.

Der Druck war enorm, denn es durfte nichts schiefgehen. Dazu kam der Schlafmangel, denn durch den nächtlichen Harndrang war an ein normales Schlafverhalten gar nicht mehr zu denken. Schließlich kam es zu einem Vorfall, welcher der Fürstenfeldbruckerin noch lange sehr unangenehm in Erinnerung war: Auf einer Probefahrt mit dem neuen BMW ihres Schwiegersohnes konnte sie den Urin trotz aller Anstrengung nicht mehr halten. Sie hinterließ einen großen Fleck auf dem Sitz. Nun erkannte sie, dass es so nicht mehr weiterging. Das Verheimlichen ihrer Blasenschwäche war keine Lösung. Sie musste endlich etwas gegen die Inkontinenz unternehmen und beschloss, in der Frauenklinik Fürstenfeldbruck Hilfe zu suchen.

Die urogynäkologische Sprechstunde – erste Anlaufstelle für Frauen mit Inkontinenz

In der urogynäkologischen Sprechstunde der Frauenklinik Fürstenfeldbruck stellen sich Frauen mit Beschwerden wie Harninkontinenz, Beckenbodenschwäche und Senkungsbeschwerden vor. Natürlich spricht niemand gern über Harninkontinenz und Genitalsenkung. Doch dieses Tabu gilt es zu überwinden, denn Blasenfunktionsstörungen mit unwillkürlichem Urinverlust oder Blasenentleerungsstörungen sind weit verbreitet.

Etwa jede dritte Frau im Wartezimmer einer gynäkologischen Praxis ist davon betroffen. Leider sind immer noch viele Frauen davon überzeugt, dass Inkontinenz im Alter normal ist und verzichten deswegen auf eine Behandlung.

Wer von Inkontinenz betroffen ist, leidet im Alltag oftmals unter starken Problemen durch die fehlende Blasenkontrolle. Unabhängig davon, um welche Inkontinenzform (s. Infokasten) oder auch Mischform es sich handelt, meistens kommen mehrere Ursachen in Frage. Die Spezialisten in der urogynäkologischen Sprechstunde klären die auslösenden Faktoren sorgfältig ab. Eine häufige Ursache ist Beckenbodenschwäche mit einer daraus folgenden Senkung der Gebärmutter und/oder der Scheide mit Blase und/oder Darm. Durch die Senkung kann es auch zu einem Fremdkörpergefühl kommen oft mit „Druck nach unten“ oder sogar Schmerzen kombiniert.

„Auch wenn nicht immer eine vollständige Heilung möglich ist, so können wir doch in den meisten Fällen eine Linderung der Beschwerden erreichen und somit eine Verbesserung der Lebensqualität unserer Patientinnen schaffen.“ Dr. Moritz Schwoerer, zertifizierter Berater der Deutschen Kontinenz Gesellschaft und Inhaber von AGUB I der AG für Urogynäkologie und plastische Beckenbodenrekonstruktion

Die mit der Harninkontinenz und Senkung der weiblichen Genitale zusammenhängenden Probleme werden in der Spezialsprechstunde für Urogynäkologie mit den betroffenen Patientinnen offen besprochen, diagnostiziert und behandelt. Für jede einzelne Patientin nimmt sich das Ärzteteam die notwendige Zeit. Es gibt heutzutage ein vielfältiges Behandlungsspektrum, so dass die meisten Frauen geheilt werden können oder deren Lebensqualität zumindest gebessert werden kann. Nach einem ausführlichen Gespräch zwischen Arzt und Patientin sowie eingehenden Untersuchungen wird gemeinsam ein individuell zugeschnittener Therapieplan erstellt.

Passende Therapieangebote für jede Form der Inkontinenz

Nachdem sich Frau K. in unserer Sprechstunde vorgestellt hatte, vereinbarten wir zunächst ein konservatives Therapiekonzept, bestehend aus Verhaltenstherapie, Physiotherapie und Medikamenten. Die ausgeprägte Harninkontinenz erforderte schließlich aber einen kleinen operativen Eingriff, bei dem Botulinumtoxin in den Harnblasenmuskel eingebracht wurde. Dieses Verfahren führte schließlich zu einer spürbaren Besserung der Beschwerden. Ein kleiner Wermutstropfen: Die Therapie muss alle sechs bis neun Monate wiederholt werden. Die Lebensqualität der Patientin hat sich allerdings durch diesen kleinen Eingriff deutlich gebessert. Die Dranginkontinenz tritt nur noch selten auf. Dankbar ist die Patientin vor allem für die wiedergewonnene Schlafqualität. Sie muss jetzt nachts nicht mehr so oft aufstehen.

(Auszug aus dem Patientenmagazin visavis 41)